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Die Ämter Hunteburg und Wittlage

Der Landkreis Wittlage

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Die Ereignisse, die im frühen 14. Jahrhundert zur Erbauung der Burg Wittlage 1309/13 und der Hunteburg 1324 geführt haben, sind uns nicht eindeutig überliefert. Es scheint jedoch so zu sein, dass die Anlage der beiden Burgen im Zusammenhang mit Streitigkeiten zwischen Osnabrück, Minden, Ravensberg und Diepholz zu sehen ist, die damals nördlich des Wiehengebirges immer wieder zu Auseinandersetzungen führten. Dabei ging es letztlich um die territoriale Ausgestaltung und Abgrenzung ihrer sich überschneidenden Herrschaftsansprüche. In diesen Kämpfen spielten Burgen als militärische Sicherungspunkte wie als Ausgangspunkte landesherrlicher Macht eine bedeutsame Rolle. Im Verlaufe dieser Auseinandersetzungen soll im Süden bei Barkhausen die mindensche Burg Ravenstein zerstört worden sein, an deren Stelle die Burgen auf dem Limberg und in Wittlage traten. Mit der Erwerbung des Limberges schoben sich die Ravensberger 1325 hier endgültig zwischen die Stifte Minden und Osnabrück. Auf der anderen Seite sicherte Osnabrück mit der Errichtung der Wittlager Burg 1309/13 nicht nur seinen alten Besitz links der Hunte, sondern erwarb von hier aus auch die Kirchspiele Lintorf und Barkhausen hinzu. So kamen diese beiden Kirchspiele, obwohl Osnabrück dort weder Gerichts- noch Grundherrschaft besaß, seit dem 14. Jahrhundert politisch zum Hochstift Osnabrück hinzu. Kirchlich verblieben sie jedoch im Bistum Minden. Erst die Neuordnung der Verhältnisse im Gefolge der Reformation führte dazu, dass Osnabrück in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts beide Kirchspiele auch kirchlich an sich binden konnte.

Wie die Grafen von Ravensberg im Süden, so schoben sich auch die Edelherren von Diepholz im Norden nahe der Osnabrücker Diözesangrenze in den Mindener Raum vor. Ihr Ziel waren die Stemweder Kirchspiele. Um das Jahr 1316 erbauten sie hier die Burg Lemförde, und zwar nördlich neben der Burgstelle des 1296 zerstörten Stürenberges, einer gemeinschaftlichen Anlage von Minden und Osnabrück aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Osnabrück dürfte zu dieser Zeit auf dem Stemwede keine eigenen politischen Ziele mehr verfolgt haben. Es hatte seine alten grundherrlichen Rechte, die es dort besessen hatte, inzwischen fast gänzlich aufgegeben. Die neue Burg der Diepholzer mag jedoch Veranlassung zum Bau der Hunteburg 1324 gewesen sein, eine Anlage, die den Zugang ins Stift auf der Heerstraße Bremen – Diepholz - Osnabrück an östlich des Dümmers verlaufenden Route sichern sollte. Diese Absicht bildete schließlich das Motiv einer weiteren Ausdehnung des Einflussbereichs über die alte Huntegrenze hinweg. Osnabrück beanspruchte in der Folge die Holzgrafschaft über den Meyerhöfener Teil der Dielinger Mark und zog diese Bauerschaft auch politisch an sich. Kirchlich zählte Meyerhöfen allerdings noch bis 1896 zur Pfarrstelle in Dielingen.

Die beiden Burgen wurden in der Folgezeit, wie alle übrigen im Stift, über ihren ursprünglichen Zweck hinaus auch zu Verwaltungssitzen. Ihre Befehlshaber übernahmen die Leitung der bischöflichen Güter in ihrem Bezirk und damit auch die kirchenvogteiliche Niedergerichtsbarkeit. Zugleich erwuchsen aus der Verbindung von hoheitlich-militärischen und mit domanial-richterlichen Aufgaben die Ämter als untere Verwaltungsorgane. Dabei kam es im Wittlager Land mit seinen zwei Burgen 1360/76 zu einer verwaltungsmäßigen Zweiteilung. Diese ordnete dem Amt Wittlage, das als solches erstmals 1357 genannt wird, die Kirchspiele Essen, Lintorf und Barkhausen zu. Das Hunteburg, erstmals 1378 erwähnt, erhielt die Kirchspiele Venne und Ostercappeln, zu dem auch Bohmte und Huntebürg gehörten. Von Beginn an blieb jedoch ein verwaltungsmäßiger Zusammenhang beider Amtsbezirke bestehen, nicht zuletzt wegen des gemeinsamen Gogerichts in Ostercappeln, das 1505 aus den Händen derer von Bar in bischöflichen Besitz überging und als Untergericht bis zu seiner Auflösung im Jahre 1805 für beide Amtsbezirke zuständig blieb. Schon 1556 wurden Wittlage und Hunteburg einem gemeinsamen Drosten unterstellt, und seitdem blieben sie in Personalunion verbunden. Für die verwaltungsmäßige Einheit des Raumes bedeutete dies allerdings noch nicht allzu viel, denn die Drosten von Wittlage und Hunteburg betreuten in der Regel noch ein drittes Amt, meist Grönenberg (Melle). Seit 1628 fungierte für Wittlage und Hunteburg nur noch ein gemeinsamer Rentmeister, in dessen Händen auch die praktische Verwaltungsarbeit lag. Damit waren die beiden Ämter, wenn auch formell die Zweiheit aufrechterhalten wurde, de facto vereinigt. Sitz des Doppelamtes war Wittlage.

Das 19 Jahrhundert war gekennzeichnet durch die Konzentrierung der Macht auf eine immer kleinere Zahl von Großstaaten. War das Schicksal des Kreisgebietes bis dahin weitgehend von Osnabrück aus bestimmt worden, so trat nun eine Phase der Unruhe und wechselhafter poltischer Zugehörigkeiten ein. 1802 fiel das Wittlager Land mit dem Stift Osnabrück an Hannover, 1803—1805 folgte die Besetzung durch den französischen General Mortier, 1806 dann die Einverleibung in Preußen, der die Besitznahme durch den holländischen General Daendels folgte. Diese brachte schließlich die Zuweisung zu Münster mit der Einverleibung in das neugegründete Königreich Westfalen im Jahr 1807. Kurzfristig gehörte das Wittlager Land von 1811 bis 1813 zum französischen Kaiserreich, doch fiel es nach der Niederlage Napoleons in der sogenannten Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 fielen Stift und Kreisgebiet wieder an das Königreich Hannover zurück. Nachdem das Gebiet 1814 wieder an Hannover gefallen war, organisierte dies die Verwaltung nach dem Muster althannoverschen Prägung. Bereits 1805 war das alte Gogericht von Ostercappeln mit dem Amt Wittlage zusammengelegt worden. 1814 folgte die Gründung des Amtes Wittlage-Hunteburg mit dem Sitz in Wittlage, die Vogteien Wittlage (mit den Kirchspielen Essen, Lintorf und Barkhausen), Hunteburg (mit den Kirchspielen Hunteburg und Venne) und Ostercappeln (mit den Kirchspielen Ostercappeln und Bohmte) unterstellt waren. Mit der allgemeinen Neuordnung vom 1. Oktober 1852 entstand schließlich in Wittlage ein unabhängiges Amtsgericht. Kurzzeitig erfolgte noch einmal die Aufteilung des Gebietes in die alten Ämter des 18. Jahrhunderts, doch bereits 1859 wurde die verwaltungsmäßige Einheit der Ämter Wittlage und Hunteburg wiederhergestellt.

Die Lebensverhältnisse im Wittlager Land waren eingangs des 19. Jahrhunderts noch von Eigenbehörigkeit und völligem Ausschluss der einfachen Landbevölkerung von sämtlichen politischen Entscheidungen geprägt. Erst in den so genannten „Kantonsversammlungen“ der beiden Kantone Essen und Ostercappeln erhielt das Wittlager Land unter französischer Besatzung eigene Wahlkörperschaften, deren Rolle sich jedoch auf das Vorschlagsrecht für die Stellen des Friedensrichters sowie auf die Wahl der Mitglieder der Arrondissements- und der Departements-Wahlkollegien beschränkte, die ihrerseits ebenfalls nur äußerst begrenzte Befugnisse hatten. Und selbst damit ist es vorbei, als 1813 die alte Osnabrücker Ständeversammlung wieder eingesetzt wird. In einem zweiten Schritt erhielten die „freien Grundbesitzer“ 1819 Stimmrecht für eine eigene „Curie“, von deren 18 Mitgliedern 2-3 aus dem Amt Wittlage gewählt wurden. Aber auch deren Möglichkeiten waren infolge der Einführung der Allgemeinen hannoverschen Ständeversammlung im Jahre 1819 allein auf die Angelegenheiten des vormaligen Stiftes und auf eine „Begutachtung“ der allgemeinen Gesetzgebung in Hannover stark beschränkt. So konnte von einer aktiven Teilnahme der Landbevölkerung an der demokratischen Bewegung konnte bis 1867 keine Rede sein. Diese konzentrierte sich in den größeren Städten und fand nur wenig Widerhall bei den Menschen auf dem Lande und im Amt Wittlage. Allein das Thema der immer noch bestehenden Leibeigenschaft empfand man als so empörend, dass sich 141 Colonen des Amtes 1830 an einer Petition zur deren Aufhebung beteiligten. In diesem Zusammenhang wurden auch Beschwerden über die Ungleichmäßigkeit der ständischen Vertretung sowie insbesondere über die Privilegien des Adels, über die Ablösungsfrage, die Steuern und Gemeindelasten und andere, der Lebenswelt einer vorwiegend bäuerlichen Bevölkerung näher liegende Dinge laut. Die sich daraus ableitenden vor allem wirtschaftlichen Forderungen wurden vornehmlich von den Heuerlingen erhoben, die damals etwa die Hälfte der Bevölkerung bildeten. Vor dem Hintergrund der damit verbundenen sozialen Situation kam es im Jahr 1848 auch im Wittlager Land zu einigen Tumulten. So wurden in Essen, Wehrendorf, Venne, Hunteburg und Bohmte Gendarme, Steuereinnehmer und Gutsbesitzer bedroht, in deren Folge Militär nach Wittlage gelegt wurde. Eine Eskalation zu handfesten Konflikten blieb jedoch aus.