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Heute gilt es als gesichert, dass es in einer Befestigungsanlage im Wiehengebirge oberhalb der Ostercappelner Krebsburg bereits in der vorrömischen Eisenzeit zu einem länger andauenden Austausch von germanischer und keltischer Kultur gekommen ist. Die Ortsbezeichnung „Schnippenburg“, die den Ort des Geschehens heute bezeichnet, ist seit langem bekannt. Auch dass hier eine eigenwillige Wallanlage im Wald zu bemerken war. 1896 erfolgte ihre erste Vermessung durch den Heimatforscher Hartmann. Lange aber blieb unklar, aus welcher Zeit die Anlage stammte. Wegebauarbeiten berührten 1983 das Profil eines Walles, aus dem Holzkohle geborgen und wissenschaftlich (C-14-Methode) datiert werden konnte. Das Ergebnis: Die Schwagstorfer Anlage stammt aus der vorrömischen Eisenzeit, aus den Jahrhunderten vor Christi Geburt.

Die ab 2001 folgenden Ausgrabungsarbeiten haben etwas zutage gefördert, was es in dieser Form bislang einmalig ist: In ganz Deutschland konnte zuvor keine Burganlage mit Opferplätzen aus der vorrömischen Eisenzeit nachgewiesen werden. Opferplätze sind allgemein kaum bekannt, da See- oder Mooropfer vorherrschten. Zunächst konnten hier Opfergruben mit den entsprechenden Funden von Bronzeschmuck, Perlen und Waffen belegt werden, und in einer späteren Untersuchungsphase zeigte sich gar, dass im Bereich der Schnippenburg Raseneisenerz aus der Gegend verhüttet und verarbeitet wurde. Dies erklärt auch die große Zahl von Eisenfunden, darunter die für die Schnippenburg charakteristischen Tüllenbeile. Eine Analyse der über 2000 metallischen Fundstücke brachte die Einschätzung mit sich, dass sich and diesem Ort die germanische und die keltische Kultur getroffen haben müssen.

Allerdings scheint es, als wenn es hier nicht um eine reine Siedlung mit ungeheuerem Reichtum handelte. Offen bleibt die Frage, ob es sich vorrangig um einen Opferplatz oder um ein Handelsareal mit Opferplatz oder um eine Befestigung für Fernhandelsbeziehungen mit Opferplatz handelt. Ebenso offen ist die Frage, ob die zwischen 278 und 258 v. Chr. erbaute Schnippenburg vorrangig eine Verteidigungsanlage war oder nur im Stil einer Burganlage gebaut wurde. Die Struktur der Wälle nämlich zeigt, dass es wesentlich massivere Anlagen gab. Doch wer die Anlage genutzt hat, und wer und warum die Befestigung in den Ausläufern des Wiehengebirges um 110 v. Chr. in Brand gesetzt und systematisch eingeäschert wurde, bleibt ein Rätsel.

Ganz in der Nähe liegt kurz hinter Venne ein ganz anderer Treffpunkt unterschiedlicher Kulturen. Hier in Kalkriese scheint der Ort zu sein, wo eine über 400 Jahre andauernde Suche nun ihr Ende gefunden hat. Es ist dies die Suche nach dem Ort, an dem der Germanenführer Arminius die Römer unter ihrem Feldherrn Varus im Jahre 9. n. Chr. vernichtend besiegt hat und zum ersten deutschen Helden wurde. Mit diesem Sieg schaffte er eine historische Leistung und legte die Grenze des römischen Reichs ein für alle Mal auf die gallische Seite des Rheins fest. Germanien hatte sich erfolgreich gegen alle römischen Versuche gewehrt, das große Weltreich auf germanisches Territorium auszudehnen. Und offensichtlich ist das Wittlager Land der letzte Landstrich, den diese Legionen durchzogen. Denn heute sieht es so aus, als die drei römischen Legionen hier an der Kreisgrenze in Kalkriese ihr Schicksal fanden. Aufgrund der dichten Indizienkette können wir davon ausgehen, dass das Gelände eng mit der Varusschlacht zusammenhängt. Das Museum Kalkriese beherbergt die Ergebnisse von mehr als 20 Jahren archäologischer Forschung. Diese zeigen, dass es hier zu einer ganz massiven Auseinandersetzung gekommen sein muss: unzählige römische Waffen, menschliche Knochen mit eindeutigen Hinweisen auf tödliche Verletzungen, hunderte von Münzen aus der Zeit der Varusschlacht, eine freigelegte Wallanlage, um die herum sich die Funde konzentrieren, sowie die 1990 gefundene Gesichtsmaske, die heute als Wahrzeichen des Museums dient.

Weitaus spärlicher sind die Funde aus den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt und dem frühen Mittelalter. Während ringsum in den benachbarten Gebieten eine sicher germanische Besiedlung nachweisbar ist, sind im Kreisgebiet nur einige und dazu noch unsichere Funde zutage gekommen. So wird von einem Schatzfund römischer Silbermünzen am Bohlweg im Dievenmoor bei Hunteburg berichtet. Von den angeblich hier gefundenen 54 Münzen, die jedoch alle als „verlorengegangen“ bezeichnet werden, konnten der Überlieferung nach 34 bestimmt werden. Sie stammten aus den Regierungszeiten der römischen Kaiser Valerian (253—260), Gallienus (253—268), Postumus (258—261) und Victorinus (265—267). Unter den Bohlen des Hunteburger Bohlweges kamen demzufolge Münzen aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. zum Vorschein, die etwas später als ihre Prägezeit am Bohlweg versteckt worden sein müssen. Demnach, so schließt man, ist der Bohlweg älter und somit früher als das 3. Jahrhundert n. Chr. zu datieren. Im benachbarten Großen Moor wurden 1949 zwei Moorleichen entdeckt, die in große Tücher eingehüllt waren. Aus der Berechnung der Fundschichten nach Moorwachstum und aus den Untersuchungen des im Moor abgelagerten Blutenstaubes (Pollenuntersuchungen) kam man zu dem Schluss, dass die beiden jungen Männer im 3./4. Jahrhundert v. Chr. zur Zeit der Heideblüte im Moor niedergelegt worden sind. Dass es Spätsommer war, als man die Toten hier in Decken gehüllt niederlegte, zeigt ein kleiner Zweig blühender Heide, der sich zwischen der einen Leiche und der Umhüllung vorfand. Unweit der Fundstelle der Moorleichen war 1938 bereits ein Lederschuh mit den Resten eines Fußes gefunden worden. Aus der Lagerung im Moor und aus der Form des Schuhes hat man eine Niederlegungszeit im 9./10. Jahrhundert n. Chr. errechnet. Beide Moorfunde sind mit ziemlicher Sicherheit als Opferfunde zu deuten.