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Hünen- und Hügelgräber im Kreisgebiet

Fand die Varusschlacht im Wittlager Land statt?

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(von Schulrat i. R. H. Blotenberg, 1959)

„Es gibt sicher noch manche Einwohner im Kreise Wittlage, die ihr heimatliches Gebiet nicht vollends kennen. Hördinghauser und Dahlinghauser Eingesessene waren noch nicht im entlegenen Hunteburger und Venner Gebiet oder umgekehrt. Die alten „Heidenfriedhöfe", wie man sie nannte, in Darpvenne, Driehausen, Felsen und Haaren blieben ihren Augen und ihrer Kenntnis verborgen. Auch die Schulen streben bei Ausflügen weiter über das Heimatgebiet hinaus in die Ferne, und es bleibt oft unbeachtet, dass bei uns vorwiegend auf den leichteren Böden des Kreises bereits vor 4000 Jahren Menschen lebten, deren deutlich sichtbare Zeugen die Hünen- und Hügelgräber sind“, so urteilte der Bad Essener Schulrat i. R. Heinrich Blotenberg im Wittlager Kreisblatt noch 1959 in seiner „frühgeschichtlichen Betrachtung“ des Landkreises Wittlage. In seiner zwei Teile umfassenden Erläuterung ging er zunächst auf die Hünengräber im Westen des Landkreises ein, um sich dann im zweiten Teile der Varusschlacht zuzuwenden. Folgen wir nun seinen Ausführungen, um zu sehen , wie noch in den frühen 1960er Jahren die Frühgeschichte unsere Landstrichs gesehen wurde, geschichtliche Daten zum Ursprung seiner Ortschaften gesehen und seine etwaige Verwobenheit in die Varusschlacht.

„So nennt man erstere, obgleich jene Menschen damaliger Zeit keine Riesen, sondern Leute unseres nordischen Schlages waren. Leider sind diese Denkmale urgeschichtlicher Zeit nicht mehr in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten. Unkenntnis ihrer Bedeutung als ehemalige Begräbnisse hat sie im christlichen Zeitalter in oft falschem Wahn ihrer Bedeutung zerstört. Heute werden sie ehrfurchtsvoll betrachtet, als Urzeugen der Anfangskultur, und sie sind unter Denkmalsschutz gestellt. Ein einzelner konnte schwerlich diese gewaltigen Grabkammern aus den in der Eiszeit in unsere Gegend verfrachteten eratischen Blöcke schaffen. Sie entstanden aus Gemeinschaftsleistungen eines Sippenverbandes, dessen Anführer wohl in erster Linie hier seine letzte Ruhestätte fand. Die übrigen Mitglieder mögen rundherum innerhalb eines die Grabkammer umgebenden Steinkranzes bestattet worden sein, von dem Reste nur in wenigen Fällen noch vorhanden sind.

Spuren einer mittelsteinzeitlichen Kultur, die um das Jahr 5000 v. Chr. ihr Ende erreicht hatte, und wie sie beispielsweise im Leinetal und den Kieselgurlagern der Lüneburger Heide vorgefunden wurden, können im Kreise Wittlage nicht nachgewiesen werden. Es kann aber angenommen werden, dass mit Beginn der jüngeren Steinzeit, als die Vereisung vollends aufgehört hatte, bereits im Westteile des Kreises Menschen wohnten, die sich von jenen durch eine höhere Kultur unterschieden. Sie waren keine Nomaden mehr und wohnten bereits in dachartigen Hütten, die aus Stämmen von Kiefern und Birken errichtet und mit Plaggen gedeckt waren. Sie betrieben Viehzucht und Ackerbau und bedienten sich des Hakenpfluges. der aus dieser Zeit nachgewiesen ist. Sonstige Geräte waren ebenfalls primitiver Art. Vom Flint oder Feuerstein wurden kleine Stücke abgeschlagen, die Messer, Stichel, Schaber, Angelhaken und Schwertspitzen lieferten, wie sie einzeln oder in gehäufter Form an so genannten Werkplätzen gefunden sind.

Schon vor über 200 Jahren haben in Darpvenne Ausgrabungen größeren Umfangs stattgefunden, deren umfangreiche Ergebnisse in allem nicht mehr feststellbar sind. Immerhin weist das Osnabrücker Museum für die jüngere Steinzeit typische Funde aus dem Kreisgebiete auf, so ein durchbohrtes, schön geschliffenes Steinbeil aus Wimmer, eine Streitaxt aus Felsgestein aus Rabber mit angefangener Durchbohrung mittels eines Hartholzes in mühsamster Weise nach Art einer dazu benutzten Vorrichtung an genannter Aufbewahrungsstelle. Diese Stücke sind allerdings nicht ursprünglich an ihren Fundorten, sondern gelegentlich dahin vertragen; denn der Ostteil des Kreises blieb infolge seiner schweren Böden und des Sumpfgebietes des Bruches von der Eis- und Bronzezeit noch unberührt. Im Ursprungsgebiet des Westens wurde unlängst wiederum ein gut bearbeitetes Beil vom Bauern Bunte in Vorwalde aus einem Kartoffelacker geborgen. Jeder Finder sollte solche vorgeschichtlichen Urkunden den hier zuständigen Stellen vermitteln oder darüber Meldung erstatten, die leider in manchen Fällen unterblieben ist.

Noch am Ende der jüngeren Steinzeit schob sich ein anderer Teil der nordischen Rasse, die so genannten Schnurkeramiker Mitteldeutschlands, in unsere Gegend vor. In ihrer Vermischung mit der Urbevölkerung ist die Herausbildung der Germanen zu sehen. Anstatt der Körperbestattung der Steinzeit verbrannte man nunmehr die Leichen und setzte ihre Asche mit verbliebenen Knochenresten in Urnen bei, zuerst noch in Erinnerung an die alte Bestattungsform in kleineren, steinumgebenen Einzelkammern, später in bloßer Erde neben- oder in Horizonten übereinander. So entstanden die kreisförmigen Hügelgräber, die heute vielfach nach Ausgrabungen Gipfelmulden .hinterlassen haben. Im Kreise Wittlage liegen sie fast durchgehend in trauter Gemeinsamkeit neben den Großsteingräbern oder in ihrer Nähe.

Die Hügelgräber mit Leichenbestattung gehören bereits der um 2000 v. Chr. beginnenden Bronzezeit an. Ihre Urnen verraten ein sich immer weiter entwickeltes, feines Formengefühl. Sie wurden neben ihren Beigefäßen, Schalen, Bechern und dergleichen, mit der Hand geformt, an der Luft getrocknet und am Feuer gebrannt, nachdem mit Hölzchen Punktreihen und Furchenstriche in Bandform als Zierat angebracht waren.

Unterdessen hatte die damalige Bevölkerung gelernt, das rote Kupfer mit dem weißen Zinn im richtigen Verhältnis zu schmelzen, um aus der daraus entstandenen Bronze nicht spröde, sondern harte Waffen und Geräte zu bekommen. Von den Ländern des Mittelmeeres kamen Bronzeerzeugnisse in das nördliche Europa, die mit einheimischen Gaben, wie Bernstein von der Küste und Pelzen aus dem Binnenlande, getauscht wurden. Die Germanen wurden Meister des Bronzegusses. Aus der Hochkultur desselben stammen eine im Schwegermoor gefundene Flügellanzenspitze, Tüllen- und Lappenbeile nordischen Typs vom Fundort Ippenburg und neben zwei schönen Bronzenadeln eine Öllampe mit Raubtierkopf aus der römischen Kaiserzeit im Museum zu Osnabrück aus Lintorfer Besitz.

Im Kreise Wittlage befinden sich noch acht Steingräber, je drei auf dem Steinkamp in Darpvenne und dem Felser Esch. Letztere fallen durch die besondere Art ihrer Rundform auf und sind höchstwahrscheinlich die Mausoleen der einst wie heute noch am Rande dieser Siedlungsurform liegenden Hofstellen gewesen. Rechts des Weges zwischen dem Hof Allendorf nach Krebsburg liegt im freien Felde ein Steingrab größeren Umfangs, das noch in neuerer Zeit sehr ungeziemend als Schuttabladeplatz benutzt wurde. In diesem Grabe fand man aus der jüngeren Steinzeit eine Schale mit Standring und Schnurösen, verziert mit Tiefstich und Schnurbändern. Ein besser erhaltenes Grab mit noch vorhandenem Deckstein liegt an der Kreisgrenze im Gehölz des Bauern Osthaar in Haaren. Es war eine wichtige Fundstätte von Boden- und Randstücken hier beigesetzter Urnen mit ebenfalls Tiefstich- und Bandmustern, über deren Lagerverhältnisse eine Zeichnung im Osnabrücker Museum Aufschluss gibt. Wenn auch in einem der Darpvenner Steingräber im Jahre 1807 mehr als hundert Tonschalen, auch Flaschen aus Ton, außerdem durchbohrte Bernsteinperlen und sogar Urnen mit römischen Gold- und Silbermünzen gefunden worden sind, so dürfte damit erwiesen sein, dass Nachbestattungen auch hier in der Bronzezeit noch üblich gewesen sind und dass man an gleicher Stelle bis in die Neuzeit hinein Schätze gehortet hat.

Um das Jahr 800 v. Chr. beginnt das Eisen die Bronze abzulösen. Die Funde aus Eisen sind in der vorchristlichen Periode, besonders in den Urnenbeigaben, recht spärlich. Noch stellen die zur technischen Vollkommenheit sich entwickelnden Werkstücke der Bronzekultur, besonders in Arm- und Wendelringen und Gewandhaften, Höchstleistungen dar. Das einheimische Raseneisenerz lernte man nun in Schmelzöfen verhütten und in „Bruchschmieden“ zu verarbeiten. Eine solche soll auch im Wimmer Bruch nachgewiesen sein. Eisenschwert und Lanze waren nunmehr die Bewaffnung des Mannes, dessen Schutz später der hölzerne Schild mit eisernem Buckel wurde. So gerüstet, treten unsere Vorfahren im Kampf mit den Römern in das Licht der Geschichte. In dieser Zeit war es, dass auch der fruchtbare Ostteil des Kreisgebietes besiedelt wurde, in dem Spuren menschlichen Daseins aus der Stein- und Bronzezeit nicht nachweisbar waren. Den Nachweis einer weit späteren Besiedlung des Ostteiles des Kreises erbringt Dr. Hartmann mit seinem Ausgrabungsergebnis eines Hügelgrabes auf dem Westerberge an der Hüseder Schlucht. Es wurden acht Urnen geborgen, die der so genannten Hallstattperiode aus den letzten 500 Jahren v. Chr. angehören. Ein Urnenstück gleichen Charakters wurde bei der Kanalisation in Bad Essen gefunden. Die Dörfer und Bauerschaften am Nordrande des Wiehengebirges können mithin auf dieses ehrwürdige Alter zurückblicken. Nur diejenigen mit der Endbezeichnung „hausen“ sind jüngeren Datums. Die Vollerbenstellen unserer Bauerschaften waren die ersten Siedlungsplätze. Das auf ihnen bis zum heutigen Tage sitzende Geschlecht blickt auf rund hundert Generationen zurück. Dies möge alle, die es angeht, mit Dank und Ehrfurcht gegenüber einer langen Vergangenheit erfüllen.