Sie sind hier:

Schwarzbrenner und Seelentröster

Brauner Zucker

Hünen- und Hügelgräber im Kreisgebiet

Fand die Varusschlacht im Wittlager Land statt?

Scheipers Stoffel - ein Bohmter Original

Venne in Sage und Heimaterzählungen

Vom fliegenden Jäger in den Bruchwiesen

Die Burg Rumpeshorst in Wimmer

Allgemein:

Startseite


(von Dr. Wolfgang Huge, 2010)

Zur Zeit des Übergangs vom 19. zum 20. Jahrhundert lebten im Wittlager Land noch so einige „Orginale“. Menschen also, die ihren Zeitgenossen besonders auffielen, weil sie zuweilen mit ungewöhnlichem Verhalten auf sich aufmerksam zu machen wussten. Einer davon war Christoph Scheiper aus Bohmte, der sein Zuhause in einer alten Mühle an der Leverner Straße neben dem Gasthof Riemann hatte. Es war eine alte Dampfmühle, die etwa im Jahre 1880 erbaut wurde. Der alte, verwitterte Mühlensteinbildete in den späten 1950er Jahren noch als Ruine ein steinernes Zeugnis vergangener Zeiten. Lange noch erzählte man sich in Bohmte Geschichten über den Kauz, der es durchaus zu etwas gebracht hatte.

Christoph Scheiper hatte am Ortsausgang von Bohmte ein Anwesen gegründet, das zur damaligen Zeit seinesgleichen suchte. Denn „Scheipers Stoffer“, wie er im Volksmund genannt wurde, betrieb neben der Dampfmühle noch eine Lohndrescherei und Sägemühle; ebenso unterhielt er eine Schwingmaschine für die Verarbeitung von Flachs. Aber auch auf anderem Gebiet war dieser Mann aktiv. Eine Gastwirtschaft und Bäckerei zählte ebenfalls zu seinem Eigentum. Selbst eine Kegelbahn und ein Kinderkarussell legte sich der rührige Besitzer zu. Es gab fast nichts, womit er nicht handelte. Sein Gewerbe berührte fast alle Branchen: Kolonialwaren, Eisenwaren, Getreide, Kohlen, Kunstdünger, Manufaktur-Kurzwaren und dergleichen mehr. Zudem konnte Christoph Scheiper sich rühmen, der erste Schützenkönig des Schützenvereins Bohmte gewesen zu sein.

Eine spaßige Geschichte, die der mündlichen Überlieferung von älteren Generationen entstammt, wirft einen Blick auf den Charakter dieses Unikums. Wie es in der Erzählung heißt, handelte „Scheipers Stoffer“ einst am Biertisch billig ein Pferd ein. Der Pferdehändler Struß hatte einen Vierbeiner, mit dem nicht mehr viel Staat zu machen war – auf gut Deutsch gesagt, einen „alten Klepper“ – und diesen wollte er günstig an den Mann bringen. Das Bohmter Original feilschte so lange, bis er das Ross für einen Anzug erstand, den er dem Verkäufer zu liefern hatte. Der Anzug sollte in der Farbe Braun, ganz wie das Pferd, geliefert werden. Als nun der Pferdehändler nach einiger Zeit seinen Anzug in Empfang nahm, staunte er nicht schlecht und fühlte sich kräftig hereingelegt. Er erhielt zwar, wie abgemacht, einen braunen Anzug – aber Christoph Scheiper, der schlaue Fuchs, hatte ihm einen aus braunem Papier anfertigen lassen.

1902 wurde das Anwesen durch Scheiper verkauft. Später hat es noch mehrfach den Besitzer gewechselt. 1906 brannte das Wohn- und Gaststättengebäude nieder, wurde aber bald darauf wieder neu errichtet. Der Erbauer des Anwesens segnete das Zeitliche in den Vorkriegsjahren. Die Mühle war bis etwa 1930 in Betrieb. Das Inventar wurde nach und nach ausgebaut. Während der Kriegszeit diente das Mühlengebäude als Kriegsgefangenenlager. Nach dem Kriege wurde es lange Jahre infolge des Wohnraummangels als Notwohnung benutzt. Später allerdings war es traurigumdaseinstsostolze Gebäude bestellt, das in den späten 1950er Jahren dem Verfall preisgegeben war und verwahrlost dastand. Die Fenster waren ohne Scheiben, und selbst die Gitter an verschiedenen Fenstern erinnerten noch an die Nutzung in der Kriegszeit. Mit dem Gebäude verschwanden auch die Erinnerungen an den Mann, der hier einst so erfolgreich Regie geführt hatte: „Scheipers Stoffer“.